Angedacht

focus.de (18.10.20) erzählt die Geschichte von Romeo, elf Jahre alt. Zusammen mit seinem Vater gibt er alles – für die Liebe.

Dreitausend Kilometer für die Liebe

1.

Der Junge liebt seine Oma. So fängt alles an. Mit der Liebe. Aber Romeo, elf Jahre alt, kann seine Oma gar nicht sehen. Er lebt nämlich auf Sizilien, die Oma aber lebt in London. Und wegen Corona gibt es keine Flüge. Aber der Junge liebt seine Oma, erzählt eine Zeitung; und er hat sie schon eineinhalb Jahre nicht mehr gesehen.


Also beschließt Romeo eines Tages: Ich gehe zu Fuß zur Oma. Dreitausend Kilometer. Erst plant er alles heimlich und will alleine gehen. Dann aber spricht er doch mit seinem Vater. Und der sagt: Ich gehe mit dir. Also gehen sie los. 93 Tage zu Fuß oder mal mit einem geliehenen Fahrrad. Sie übernachten in Kirchen oder Gemeindehäusern. Sie gehen nämlich auf einem alten Pilgerweg, der seit dem Mittelalter die Stadt Rom mit der englischen Stadt Canterbury verbindet. Als sie dann endlich in England ankommen, müssen sie auch noch zwei Wochen in Quarantäne.

Aber dann – dann gibt es bei Oma, die schon sehnsüchtig auf die zwei gewartet hat, Umarmungen, Küsse und Kuchen.

2.

Die Liebe schafft alles, manchmal. Wenn sie so riesig ist wie bei Romeo. Und man sich so um einen fernen Menschen sorgt. Sein Papa geht mit dem Jungen. Es gibt nichts, was sie hindert. Ihre Liebe ist größer. So gehen sie – über Stock und Stein.

3.

Oft ist man verblüfft, was Liebenden alles gelingt. Menschen warten viele Jahre lang aufeinander, mehr oder weniger geduldig. Menschen suchen einander auf allerlei Wegen. Sie helfen sich, räumen alles Mögliche aus dem Weg. Oder wandern Tausende von Kilometern, um die Oma zu umarmen. Nichts kann sie dann aufhalten.

Wenn etwas im Leben zählt, dann die Liebe. Dieses Gottesgeschenk. Dieses Glück im Leben. Was immer wir tun oder lassen, hat auch mit Liebe zu tun. Die wir anderen Menschen geben wollen. Oder die wir gerne bekommen wollen. Bei allem, was geschieht, hoffen wir auch auf Liebe. Dass jemand uns achtet, uns wertschätzt, uns verzeiht – das alles ist Liebe. Die Liebe, behauptet der Apostel Paulus, sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles. Das sind kühne Worte. Manchmal schafft das die Liebe leider nicht. Das ist aber nicht wichtig. Wichtiger ist, dass sich Liebende darum bemühen. Möglichst unter allen Umständen.

Liebe wärmt unser Herz in einer kalten Welt. Wie bei Romeo, elf Jahre. Er zeigt seine Liebe. Er muss sie ausdrücken. Vielleicht, weil schon ein Kind ganz genau fühlt: Mehr Sinn als Liebe im Leben geht einfach nicht.

Michael Becker
mbecker@buhv.de

Gemeinsam könnte nun 1. Korinther 13 gelesen werden.