Sich stemmen gegen die Ohnmacht

Der Überfall auf die Ukraine bewegt uns alle. Wie ist unsere Befindlichkeit? Was können wir tun gegen das Gefühl der Ohnmacht?                                                           5. April 2022
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Zwei Worte bestimmen gerade das gesellschaftliche Gespräch in Deutschland: die Worte „Zeitenwende“ und „Erschütterung“.
Das Wort „Zeitenwende“ gebrauchte der Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung am 27. Februar. Seitdem kennzeichnet es den russischen Überfall auf die Ukraine und die Tatsache, dass die Welt dadurch und durch die folgenden, weltweiten Sanktionen gegen Russland eine andere geworden ist. Von alledem sind Menschen tief erschüttert worden.


Die Nachrichten in Zeitungen und TV beschäftigen sich mit unserer Stimmungslage und auch mit der Frage, was wir selbst auszuhalten bereit sind, falls die Sanktionen gegen Russland auf uns zurückwirken und wir die Kosten kaum noch tragen können.
Wir schauen in eine düstere Zukunft, sagen viele. Und wir müssen damit rechnen, dass ein Dritter Weltkrieg nicht nur droht, sondern wirklich wird.

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Das alles wegen eines Mannes und seiner Regierungsmitglieder, die ein starkes, weltweit gefürchtetes Großrussland wollen und dafür das Völkerrecht brechen und Kriegsverbrechen begehen. Der Krieg in der Ukraine ist nicht zu rechtfertigen. Das wissen die russischen Machthaber und verbieten das Wort „Krieg“. Hätte alles seine gute Ordnung, müsste man nichts verbieten. Und uns lähmt eine bis dahin unbekannte Angst. Krieg in unserer Nachbarschaft war bisher nicht vorstellbar.
Wie können wir leben mit dieser Erschütterung?

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Durch Hilfe geben, sagen Psychologen. Wir tun etwas. Wir nehmen uns der Menschen an, die aus der Ukraine fliehen müssen. In den Kitas, den Schulen; im Dorf, Stadtteil oder in Kirchengemeinden; bei der Wohnungssuche oder beim Gang zu Behörden. Wir spenden etwas, sagen andere, die keine praktische Hilfe leisten können. Auch Spenden ist Tun. Wir unterstützen die großen Hilfsorganisationen beim Kauf von Zelten, Nahrungsmitteln und Medikamenten. Wir beten für die Opfer und für die Täter und hoffen, dass dieser Wahn aufhört und Frieden möglich wird. Und, schließlich: Wir tun etwas, wenn wir ernsthaft überlegen, wie wir unsere Lebensweise so verändern können, dass wir Energie einsparen.

Durch unser Tun halten wir uns manche Schrecken ein klein wenig vom Leib. Und wir bekommen das Gefühl, nicht nur ohnmächtig und hilflos zu sein. Gegen den Irrsinn dieses Krieges können wir nichts tun. Aber wir können etwas gegen seine Folgen tun. Wir können, mit Gottes Hilfe, den schwer geprüften, traumatisierten Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen ein sie achtender, hilfsbereiter Mensch sein.

Michael Becker
mbecker@buhv.de